Am vergangenen Freitag luden vonMenschenSohn alle wunderschönen Mädchen und Donnersöhne zum Release Fest des neuen Albums „Willkommen zuHaus“ in die rote Bar des Wiener Volkstheaters ein. In unverblümter Sprache heißt das, dass jeder, der die Wiener Truppe seit ihrem Bestehen und den ersten Erfolgen im Jahr 2008 beobachtete und sich über Facebook oder Mundpropaganda auf dem Laufenden hielt, sich eines Platzes auf der Gästeliste sicher sein durfte.
Mario vonMenschenSohn (sang und tanzte), Erich vonMenschenSohn (schlug die laute Gitarre), Philipp vonMenschenSohn (spielte die weiße Gitarre) und Andreas vonMenschenSohn (wirbelte am Schlagzeug) stammen offensichtlich alle aus der gleichen Familie. Zwar kommentierten vonMenschenSohn ihre Herkunft und den Bezug zur Heimat an diesem Abend in weiterer Folge nicht, Liedtexte und Körpersprache, in erster Linie vom charismatischen Sänger und Frontman Mario vorgetragen, machten den Gottbezug aber unverkennbar. Schließlich schwebte einst etwas über dem Wasser („Kleine Größe“), verschenkt wunderschöne Mädchen („Wunderschönes Mädchen“) und macht Seelen gesund („Ein Wort von dir“). Auch das gesprochene Wort des Bühnenprogramms ging in dieser Tonart – beziehungsweise „Wortart“ – weiter. Für Christian Mafee als marktschreienden Moderator und vonMenschenSohn waren alle Frauen wunderschöne Mädchen, die bewundert werden, und alle Männer Donnersöhne, deren Zusammenhalten zu propagieren ist, weil dieses sie unschlagbar macht. Diese verblümte Sprache in Kombination mit dem passend ausgewählten Ambiente der roten Bar schuf eine Märchenwelt, in der man sich als Neuankömmling tatsächlich wohl fühlte. Jedes Individuum durfte sich als Bestandteil dieser Welt verstehen, die von der ortskundigen Band erklärt, beschrieben, besungen und bespielt wurde. Durch die Einführung dieser sehr wohl transparenten, aber im ersten Moment nicht greifbaren Ebene, gelang es vonMenschenSohn erstaunlich gut, die Hörerschaft der roten Bar für sich zu gewinnen.
Das Schaffen dieser künstlichen, aber heimeligen Welt entstand dabei nicht ausschließlich in den Köpfen von vonMenschenSohn, sondern auch an den Schreibtischen, auf den Notizzetteln und in den Email-Korrespondenzen der Kreativen der jungen Wiener Agentur Spinnwerk. Diese waren neben der Konzeption auch für die Umsetzung und teilweise Betreuung der (sozial-)medialen Identität von vonMenschenSohn verantwortlich. Der Schachzug, auf eine Agentur zu setzen, ist sicherlich einer, der sich für vonMenschenSohn gelohnt hat und auch weiterhin lohnen wird. Das Konzept ist durchdacht und in sich stimmig, zeugt von Professionalität und wird dazu beitragen, dass vonMenschenSohn nicht von Auftritt zu Auftritt wieder neu an der eigenen Identität wird arbeiten müssen. Neben der fiktiven Welt rund um wunderschöne Mädchen und Donnersöhne war aber auch das Release Fest selbst kein Produkt des Zufalls. Angefangen mit der Auswahl der Location, bis hin zur Kleidung der Komparsen (Merchandiser, Stagehands und andere) war alles stimmig. Selbst Essen und Trinken war mit Punsch, Zuckerwatte und Popcorn stilistisch passend gewählt. Alleine die unmittelbar nach der Zugabe beginnende After Show Party mit lautstarker DJ-Musik passte so gar nicht ins und zum Programm. Das Zusammentreffen und Kennenlernen der Band verlagerte sich so kurzerhand in das viel engere Foyer, wo es einen Großteil der Konzertbesucher aber nicht allzu lange hielt, die Gesellschaft verstreute sich somit schnell. Besser hätte man auch nach dem Konzert auf das gleiche Rahmenprogramm wie davor gesetzt. Dort fand mit dem Leierkasten spielenden Ottakringer Norbert Schermann, besser bekannt als Wiener Werklmann, nämlich das inoffizielle Highlight des Abends statt.
Alles in allem war das Release Fest von vonMenschenSohn in vielerlei Hinsicht gelungen. Beobachtet man den Facebook-Auftritt der Band, so erkennt man, dass besonders nach dem Heimspiel in der roten Bar die Bindung der Fans stark zugenommen hat. vonMenschenSohn und ihr Konzept haben an diesem Abend ein Gesicht bekommen, auch wenn die Wiener Truppe trotz allem nach wie vor schwer zu fassen, schwer zu kategorisieren ist. Um als christliche Band zu gelten ist die christliche Komponente, auch wenn sie aus persönlicher Überzeugung kommt, in Liedern und Auftritten zu ersetzbar, für die Hamburger Schule schwingt zu viel Pathos und zu wenig Überraschungsmoment mit, die Pop-/Rock Verallgemeinerung ist genauso wenig angemessen wie würdig. Vielleicht aber ist es genau diese fehlende Möglichkeit zum Schubladendenken, die vonMenschenSohn auch auf längere Sicht hin interessant macht? Das Potential ist auf jeden Fall da, die ersten Weichen wurden spätestens an diesem Abend gestellt.
Die Fotos stammen aus dem Presse- und aus dem Bildbereich der vonMenschenSohn Website.