Gestern war Yann Tiersen im Zuge seiner “Dust Lane Tour“ in der Wiener Arena. Danach war man als Besucher vor allen Dingen eines: reich an Erkenntnissen!
1. Erkenntnis: “Debütkonzerte funktionieren! Wenn Künstler erstmals eine Stadt beehren, dann stehen die Besucher Schlange”. Stimmt! Im Fall von Yann Tiersen gab es zwar keine Schlange mehr vor Ort in der Arena, dafür aber vorher an diversesten Vorverkaufsstellen. Das Wiener Debütkonzert des Franzosen war seit Wochen ausverkauft.
2. Erkenntnis: “Bei einer expliziten Albumtour geht es explizit ums Album”. Genau! Yann Tiersen bestätigte dies, indem er bei diesem Konzert seiner “Dust Lane Tour” akribisch genau jede einzelne Nummern des aktuellen Albums zum Besten gab. Das ging leider auf Kosten jener Nummern und Stücke, die Tiersen auf älteren Alben bekannt gemacht haben. Sehr zum Leidwesen der anwesenden Besucher. Diese quittierten mit “Sur le fil” den einzigen Klassiker nämlich mit tosendem Beifall.
3. Erkenntnis: “Alben, die nicht überzeugen, überzeugen auch auf der Bühne nicht”. Leider wahr! Nach dem bestenfalls mäßigen Eindruck, den das Album Dust Lane hinterlassen hat, ruhten die Hoffnungen auf seinem eventuell vorhandenen Live-Potential. Die Vorzeichen dazu standen ja eigentlich nicht schlecht. Die extrem perkussive und in Richtung Post-Rock tendierende Ausrichtung von Dust Lane bildeten Elemente, mit denen man auf der Bühne durchaus punkten kann. Tatsächlich entpuppte sich die Vorstellung von Tiersen und seiner vier Mann starken Band aber als immens einseitig, vorhersehbar und dadurch nicht überraschend und unterm Strich uninspiriert. Man vermisste schon nach den ersten Takten jeder Nummer die Feinheiten, welche die Alben der vergangenen Jahre noch so auszeichneten.
4. Erkenntnis: “Zugaben sollten sich vom eigentlichen Konzertprogramm unterscheiden”. Unbedingt! Im Gegensatz zum Konzert in Stuttgart am ersten Adventssonntag 2010 kehrte Yann Tiersen mitsamt Band für eine Zugabe zurück auf die Bühne – und das sogar zwei Mal! Dennoch war es einem ungemein hohen Anteil der Besucher egal, in Scharen verließen eine Vielzahl der Gäste schon vor dem offiziellen Konzertende die Arena. Der Zweck einer Zugabe lässt sich ja eigentlich schon in ihrer Wortbedeutung erkennen. Es handelt sich (ursprünglich) um zusätzliche, nicht in der Setlist verankerte Stücke. Yann Tiersen schien mit seinem Verständnis der Zugabe aber einen Großteil der Konzertbesucher zu enttäuschen. War die Aussparung der eigentlich von Tiersen zu erwartenden Hits im normalen Konzertprogramm durch den Fokus „Dust Lane“ legitimiert, so war diese in der Zugabe eigentlich nur mehr unverständlich. Anstatt mit einem Klassiker im Stile des angesprochenen „Sur le fil“ seine Gäste nach Hause zu schicken, wiederholte Tiersen das musikalische Muster aus dem Hauptprogramm – mit dem einzigen Unterschied, dass es sich eben nicht mehr um Nummern von „Dust Lane“ handelte.
Yann Tiersen wirkt seit seinem Letztwerk, mit welchem er seit April 2010 in vielen Städten Europas vorstellig wird, etwas zu bemüht kontroversiell. Manchmal wird Mut zum Unkonventionellen auch belohnt, im Falle von Tiersens „Dust Lane“ aber eher nicht. Und erst recht an diesem Abend in der Arena nicht.
Die ausgezeichneten Konzertbilder stammen übrigens von Laura G.