Um über Lena Malmborg schreiben zu können, müssen Hausaufgaben gemacht werden. Die Übung: Alles herausfinden, was über sie herauszufinden ist! Wie gut die Aufgabe auch gelöst werden mag, bei einer Beurteilung würde die Note wohl automatisch um zwei Grade schlechter werden. Grund: zu spät abgegeben! Denn ohne die persönliche Jahreskarte im Haus der Musik, die für den Zeitraum ihrer Gültigkeit zum freien Eintritt in die Konzerte der Reihe Live on Stage berechtigt, wäre man, wie viele an diesem Abend, wohl nicht auf die Musik der Schwedin gestoßen. Und das völlig zu Unrecht.
Die Musikplattform last.fm protokolliert und archiviert seit Jahren, welche Musik von ihren registrierten Nutzern gehört wird. Empfehlungen und Charts entstehen auf last.fm somit ausschließlich auf Basis ihres Hörverhaltens. Da Digital Natives sicherlich einen Großteil der last.fm Nutzer ausmacht, ist die Dichte an Independent Künstlern vergleichsweise hoch, was last.fm zu einem verlässlichen Indikator für den Bekanntheitsgrad von Indie Musik macht. Der erste Teil unserer Lena Malmborg-Hausaufgabe besteht deshalb darin, einen Blick auf Malmborgs last.fm Künstlerseite zu werfen. Diese verrät schnell, dass es sich um keine Größe der Musik handelt, wohl nicht einmal in ihrer schwedischen Heimat. In Summe wurden Lieder der Schwedin weniger als 10000 Mal gehört – das ist wenig in last.fm Dimensionen. Wir blicken darum weiter zu YouTube und entdecken immerhin eine Handvoll Videos. Unser Interesse weckt das Video Lena Malmborg XL Live der schwedischen Boulevardzeitung Expressen. Die Musik geht ins Ohr, Malmborg interpretiert akustisch mit “Don´t Be Scared” und “From Now On (No. 2)” zwei der besseren Nummern ihres aktuellen Albums “Berlin To Paris”. Entscheidender ist aber, was ins Auge sticht. Und das sind nicht die sonderlich hohen Zugriffszahlen auf das Video, sondern vielmehr die ersten beiden wirklich lustigen Kommentare, in denen sich zwei offensichtliche Teenager darüber unterhalten, gerade ihre Lehrerin entdeckt zu haben. Kurzum: Lena Malmborg, die Lehrerin aus Värnamo – eine Unbekannte der Musikwelt! Das merkt man an diesem Abend auch im Haus der Musik. Wortfetzen aus Gesprächen kann man entnehmen, dass niemand wirklich weiß, was uns an diesem Abend erwartet. Und eigentlich ist das bei Malmborgs Vielseitigkeit und der musikalischen Qualität, die sie seit 2006 auf bereits drei Alben zum Ausdruck gebracht hat, doch ein wenig verwunderlich.
Mitunter ein Grund für den geringen Bekanntheitsgrad könnte die Tatsache sein, dass Malmborg bisher noch keinem Stil treu geblieben ist. Jedes ihrer Alben zeichnet sich durch einen anderen musikalischen Schwerpunkt aus. Der Erstling “A New Time, A New Life, A New Religion” war Country-lastig, im Mittelpunkt des Nachfolgers “Real Love” standen Blues und Soul. Auf ihrem neuen, von Mando Diaos Mats Björke produzierten Album “Paris To Berlin” wandelt die Schwedin nun eher auf poppigen Pfaden mit Gospel-Einflüssen und kürt sich dadurch selbst wohl endgültig zur Königin der Genres. Trotz all dieser Vielseitigkeit fehlt letztendlich wohl der Wiedererkennungswert – das, womit man eine Lena Malmborg verbindet.
Live hingegen punktet sie mit ihrem vielseitigem Repertoire. Der Start in die diesjährige Live on Stage Konzertreihe im Haus der Musik hätte nicht beschwingter, rockiger, balladesker, bluesiger zugleich sein können. Es war sprichwörtlich “für jeden etwas dabei”, die bunte Mixtur wurde über die Konzertdauer einer knappen Stunde problemlos von Malmborg zusammengehalten. Ihrem überaus sympathischen und darum überzeugenden Auftritt auf der Bühne hat zum endgültigen Glück nur ein enthusiastischeres Publikum gefehlt. Der bestuhlte Saal trug aber seinen Teil dazu bei, dass das Publikum zwar durchaus begeistert war, dieser Begeisterung aber – im wahrsten Sinne des Wortes – nicht wirklich Raum geben konnte. Fast Mitleid musste man mit Malmborg während der Nummer “Berlin” haben, als quasi niemand auf ihr Animieren zum Mitsingen des Refrains (Stichwort: La la la la) eingestiegen ist. Als selbst ihr aufmunterndes “Sing along! It´s easy!” nichts bewirkte, sah man Malmborg für Augenblicke die Verunsicherung an, ehe sie selbst wieder die Initiative hinterm Mikrofon ergriff und gemeinsam mit ihrer engagierten Band musikalische Auszüge aus jedem ihrer drei Alben präsentierte. Als Höhepunkt dabei: das Duett “It’s Time For A Decision” mit Gitarrist Carl Noren von Sugarplum Fairy.
Soviel zu Lena Malmborg am Beispiel ihres Auftritts im Haus der Musik. Mehr kann dieser Hausaufgabe nicht hinzugefügt werden, noch fehlt das Material, noch fehlen weitere Informationen zur Schwedin, aus denen Eindrücke gewonnen werden können. Hilfreich für zukünftige Hausaufgaben zu Lena Malmborg könnte aber die erworbene komplette Diskographie sein, die die Schwedin an diesem Abend dank einer perfekten Verkaufsstrategie sehr oft an den Mann und an die Frau gebracht hat. Ihr Verkaufsspruch:
“I have three different records. You can buy one, two or three. But I’d prefer three. And if you buy three, maybe you’ll get a special price!”
Gesagt, getan. Wie könnte man auch anders.
Die Konzertbilder wurden vom Haus der Musik zur Verfügung gestellt und sind dem entsprechenden Album auf Facebook entnommen. Der Auftritt von Lena Malmborg war übrigens nur der erste Teil eines Doppelkonzerts an diesem Abend. Der zweite Teil wurde von der Wiener Formation Laura & the Comrats gestaltet.