Im Gehege besser als in freier Wildbahn. Sleep Party People im B72

Im Gehege besser als in freier Wildbahn. Sleep Party People im B72

Am vergangenen Dienstag beehrten Sleep Party People das B72 und somit Wien. Die Vorfreude war groß, läutete die ominöse Tiermasken-Formation aus Dänemark doch bereits in den letzten Sommertagen 2011 einen vielversprechenden Konzertherbst ein. Viel hatte man sich also erwartet, mit den besten Absichten war man gekommen, enttäuscht wurde man nicht, aber – und hier ist der Haken für all diejenigen, die einen gesucht haben – begeistert ging man nun mal auch nicht nach Hause. Eher unberührt – wie der Eindruck, den Sleep Party People selbst hinterlassen haben. Und so etwas, Unberührtheit, Gleichgültigkeit, insbesondere spürbar durch praktisch nicht vorhandene Bühnenpräsenz von Sänger Brian Batz, überträgt sich dann schnell mal auf die Zuhörer. Selbst das Potential eines gelungenen Debütalbums kann da nicht mehr helfen. Zu offensichtlich wurde, dass die als Hasen verkleideten Sleep Party People besser im Gehege, dem geschützten Bereich einer Studio-Aufnahme, als in freier Wildbahn, auf der Konzertbühne, zu überzeugen wissen.

Hm. Wer weiß, vielleicht ist auch all das beabsichtigt? Vielleicht ist es beabsichtigt, dass Brian Batz und seine Musiker trotz ihres surrealen und an sich auffälligen Auftretens auf der Bühne kaum eine Wirkung zeigen? Es scheint fast so, als würden Sleep Party People live nach jener aufrichtige Bescheidenheit suchen, die der eigenen Musik insofern zugute kommt, dass sie ihren Charakter voll entfalten kann – und dieses Vorhaben ist an sich nicht schlecht. Wer nämlich das nach Sleep Party People selbst benannte Debütalbum hört, wird schnell feststellen, dass es gewissermaßen wie Musik aus einer anderen Welt klingt: Entrückt, märchen- und schleierhaft, zugleich aber ernst und mit Schwermut. Brian Batz gelingt dies in erster Linie durch die vollkommene Synthetisierung der eigenen Stimme. Womöglich hat den Dänen noch nie jemand in natura singen hören, denn die in die Länge gezogene und mit Effekten überhäufte Stimme ist im nicht minder elektronifizierten Klangteppich kaum auszumachen, geschweige denn zu verstehen. Am Album, im Gehege, fesselt der synthetische Sound ungemein, da er zur Perfektion gemischt ist und für den Zuhörer nicht greifbar wird. Er lädt somit zum Zurücklehnen und Schwelgen ein. Live hingegen, in freier Wildbahn, wirken Stimmen und Sounds schnell plumper, als sie es in Wahrheit möglicherweise sind – die Copenhagen X Sessions Version von “The Dwarf And The Horse” zeigt diese Beobachtungen eigentlich recht gut auf:

“Zurücklehnen und Schwelgen”. Möglicherweise haben wir an diesem Abend auch den falschen Zugang zur Musik von Sleep Party People gewählt, indem wir uns vor die Bühne stellten und Brian Batz und seine übrigen Hasen beim Musizieren beobachteten. Vielleicht hätten wir uns in den ersten Stock des B72 zurückziehen und uns dort auf einer der gemütlicheren Bänke zurücklehnen sollen. Möglicherweise hätten Sleep Party People so, dem eigenen Blickfeld entschwunden, eigene Träume dafür verstärkend, überzeugender geklungen. Aber naja, so obliegt diese Aufgabe nach wie vor dem gelungenen Debütalbum der Dänen. Und das hören wir nach wie vor gerne.

Das Titelfoto dieses Posts stammt übrigens nicht vom Konzert letzte Woche, sondern von jenem Ende Februar – ebenso im B72 aufgenommen und zur Verfügung gestellt von Nina W. Die analog geknipsten Bilder der Gallery stammen von Niko O.

Geschrieben hat Alexander

Alexander schreibt am liebsten über die neuesten Entdeckungen aus den Genres Folk und Instrumental.