In unserer Reflexion über das ungemein feinfühlige Album Train Leaves At Eight haben wir ja bereits geschrieben, dass die Musik der Walkabouts seither und insbesondere in den letzten Jahren wieder eine zunehmend rockigere Tonart eingeschlagen hat und vermutet, dass uns das auch beim Konzert in der Wiener Szene erwarten würde. Wir sollten Recht behalten. Und das war dann weder richtig schlecht noch wirklich gut.
Der Charakter eines Konzerts wird natürlich durch den musikalischen Schwerpunkt definiert, der von den Künstlern gesetzt wird. Manche Künstler können da wenig überraschen, da ihr Repertoire vorhersehbar ist. Das ist an sich nichts Schlechtes, schließlich besucht man Konzerte ja genau aus diesem Grund – weil man sich mit der Musik identifiziert und durch das Live-Erlebnis diese Bindung zusätzlich zu verstärken versucht. Es ist vielmehr das Gegenteil, die nicht Vorhersehbarkeit, die dann oft für Enttäuschungen sorgen kann. Das Negativbeispiel schlechthin ist dafür wohl auch heute noch der Auftritt von Yann Tiersen im Dezember 2010, der in der Wiener Arena sein damals neues Album Dust Lane mit geballter Gitarrenkraft vorstellte und richtiggehend vehement jene musikalische Vergangenheit aussparte, die ihm überhaupt erst ein volles Haus beschert hat: Nämlich die Musik seiner ungemein beliebten und um ein Vielfaches filigraneren Filmmusik-Werke Die fabelhafte Welt der Amélie und Good Bye, Lenin!
Klar, bietet man als Musiker einmal ein derart breites Spektrum wie Yann Tiersen an, dann wird es immer schwieriger, allen Geschmäckern gerecht zu werden. Vor diesem Problem stehen da wohl auch langdienende Bands wie The Walkabouts. Mit jedem Jahr, mit jedem produzierten Album wird die Wahrscheinlichkeit höher, dass man als Hörer mit anderen Erwartungen Konzerte besucht, als es dem momentanen Stil, den momentanen Vorstellungen der Band entspricht. Das Geheimrezept für Bands ist dann wohl zwangsläufig die viel zitierte “Gute Mischung”, die ein Konzert zu jenem absoluten Erlebnis macht, das allen Vorstellungen gerecht wird. Und das haben Carla Torgerson, Chris Eckman und Co., so gut, sympathisch und authentisch ihr Auftritt auch war, definitiv verabsäumt. Die vorgetragenen Lieder, auch wenn Jahre zwischen ihnen liegen, ähnelten in ihrer rockigen Art einander so sehr, als wären sie vom selben, knapp zwanzig Nummern und zwei Stunden langem Album. Der getragene Opener “My Diviner” des aktuellen Albums Travels In The Dustland zählte da schon zu den ruhigeren Nummern, Stücke von Train Leaves At Eight vermisste man wie erwartet gänzlich. All das machte das Konzert der Walkabouts in der Szene zu einem einseitigen Erlebnis – keinem schlechten, aber eben zu einem einseitigen und dadurch nicht vollständigen Erlebnis. Und das war angesichts des Facettenreichtums, den die Damen und Herren aus Seattle zu bieten haben, doch sehr schade.