Nils Frahm und The Bells. Der Klang von Glocken am Klavier

Nils Frahm und The Bells. Der Klang von Glocken am Klavier

The Bells ist schon ziemlich faszinierend. Gemeinhin würde man das Werk des Berliner Instrumentalisten Nils Frahm simpel als Klaviermusik bezeichnen, doch “The Bells” birgt, auch wenn man neben dem Klavier tatsächlich kein anderes Instrument hört, viel mehr in sich. Nämlich Atmosphäre! Atmosphäre, die direkt bei den Aufnahmen der elf zum Großteil improvisierten Stücke in der Grunewaldkirche in Berlin entstand. Atmosphäre, die für 40 Minuten perfekt auf “The Bells” eingefangen wurde.

Eines Tages besuchte Nils Frahm also die Grunewaldkirche, stellte in die Mitte der evangelischen Kirchengemeinde einen Flügel und spielte in zwei Nächten sämtliche Stücke zu “The Bells” ein. Ob es im Laufe der Aufnahmen die Kirchturmglocken waren, die geschlagen und somit zum Titel des Albums inspiriert haben, bleibt bloße Vermutung. Tatsache aber ist, dass das Motiv der Glocken in jedem einzelnen Stück von “The Bells” sichtbar, förmlich spürbar ist. Frahm spielt nämlich nicht einfach nur Klavier, er verwendet sein Instrument durch den gezielten Einsatz von Rhythmus, Dynamik, Tempo, Höhen und Tiefen auch schlicht und ergreifend dafür, um Glocken zu imitieren – und das in all ihren unterschiedlichen Formen.

So erinnert der an Minimalismus kaum zu überbietende Opener “In The Sky And On The Ground” mit seinem simplen Akkordmuster schnell an ein Glockenspiel, welches man wieder und wieder hören möchte, während der Beginn des perkussiven “Said And Done” hartnäckig wie der Klang von Kirchturmglocken an einem Samstagmittag klingt. Live spielt Frahm “Said And Done” öfters schon mal zu Beginn eines Konzerts, fordert dabei seine Zuhörer mit einem ausgeweiteten Intro heraus, ehe er die Spannung des Stücks mit säuberlich ineinander greifenden Harmonien wieder auflöst. Hier eine, sowohl akustisch als auch optisch, beispiellos schöne Aufnahme von “Said And Done” vom Haldern Pop Festival 2010:

“Said And Done” gegenüber stehen aber auch Stücke wie “Dedication, Loyalty” und “Small Me”, in denen Frahm mehr die beruhigende Wirkung als die Signalwirkung der Glocken zu betonen scheint. Wie auch immer einzelne Stücke im Detail aber auch aufgebaut sein mögen, letzten Endes ist es ihre Einfachheit, ihre Reduktion, ihre Klarheit, welche einem als Zuhörer fasziniert und bannt. Denn mit dem Zuhören am Ende von “The Bells” angekommen, wünscht man sich in Traumvorstellung neue, außergewöhnliche Räume, die Nils Frahm besuchen und mit seinem Flügel bespielen soll. Wie beispielsweise eine leere Lagerhalle. Oder einen Weinkeller. Oder auch ein …

Geschrieben hat Alexander

Alexander schreibt am liebsten über die neuesten Entdeckungen aus den Genres Folk und Instrumental.