October’s Road von Balto. Gut, aber um neun Nummern zu lang

October’s Road von Balto. Gut, aber um neun Nummern zu lang

Es verhält sich oft sehr ähnlich, wenn auf Alben einzelne Nummern derart herausstechen, wie “The Railyard” auf October’s Road von Balto: Man verfällt dieser einen Nummer, hört diese – wie man gerne sagt – “rauf und runter” und läuft dabei in Gefahr, nur mit dieser ein ganzes Album, einen ganzen Künstler gar zu verbinden. Ein gutes Beispiel sind hierfür wohl die Amerikaner von Fleet Foxes, die man in ihren Anfängen fast ausschließlich aufgrund der Nummer “Mykonos” von der EP Sun Giant kannte. Auch bei “October’s Road”, dem Debütalbum von Balto, kann es einem schnell ähnlich ergehen, denn “The Railyard” dominiert als Opener die ersten Minuten derart, dass alle weiteren Minuten fast zwangsläufig nur noch enttäuschen oder zumindest – etwas dezenter formuliert – weniger begeistern können. Aber ist “October’s Road” berechtigterweise ein Album, welches sich auf “The Railyard” reduzieren lässt?

Balto came into being when Daniel Sheron abandoned his life in Moscow, Russia and went alone into Siberia. Against an ever shifting backdrop of railways and desolate wastes, he wrote a cycle of songs to tell the story of what had happened in that strange country, why he had exiled himself, and why he thought it mattered. In train cars and crumbling cities he encountered PEOPLE, and they inhabited the songs he was writing and the notes he was taking.

So Balto auf ihrer Bandcamp-Seite zu “October’s Road”. Eine Beschreibung, die definitiv zu “The Railyard” passt, wo man die Weite der Erzählung, die Dichte an Empfindungen und die Tiefe von Gedanken in jeder der gut fünf Minuten förmlich spürt. Lediglich zweimal wird man als Hörer von Sheron und Co. den spannenden Erzählungen von fernen Ländern und geheimnisvollen Frauen entrissen, um in Form des Refrains das wahrscheinlich schönste Stück Poesie zu hören, welches seit langem zu Papier und “zu Musik” gebracht wurde.

It’s lonesome out here on the road,
where the last points of fire that light the night sky
burn down to their embers and flicker and die.

My fingers go numb in the cold,
where the last little spark that’s disrupting the dark
is that last bit of feeling that’s left in my heart.

Worte, die einschlagen, als hätte man sie selbst gesagt, Gefühle, die erlebbar sind, als wären es die eigenen. Balto haben somit nach weniger als zwei Minuten schon ein Ziel erreicht, welches man mit Musik dieses Genres gewissermaßen verfolgt: Nämlich den Hörer abzuholen und ihm in der Musik ein zuhause zu geben, welches dieser immer wieder gerne aufsucht. Wie können neun weitere Lieder einem solchen Maßstab folgen? Realistischerweise kaum und so bleibt fast zwangsläufig der Eindruck, als sei jede Nummer nach “The Railyard” lediglich Füllstoff, um Albumlänge zu erreichen. Und das ist sicherlich nicht wahr, würden sie doch alleine, ohne mit “The Railyard” im Gespann, ein wunderbares Folk-Album ergeben. So aber, im Kollektiv mit ihrem Opener, leiden sie unter diesem. Die Beschwingtheit in “Elizabeth the Bumblebee” leidet, die Reflexion in “Self Portrait” leidet ebenso. Soviel man mit einer Nummer wie “The Railyard” auch richtig machen kann, so viel kann man mit einem Album wie “October’s Road” falsch machen. Ohne das richtige Gleichgewicht erscheinen Kunstwerke unrund, wirken unvollständig gar. Insofern wussten Fleet Foxes womöglich ganz genau, warum sie “Mykonos” auf einer eigenen EP veröffentlichten. Und auch im Falle von “The Railyard” wäre das wohl besser gewesen.

Geschrieben hat Alexander

Alexander schreibt am liebsten über die neuesten Entdeckungen aus den Genres Folk und Instrumental.