Seven Swans Reimagined. Wo Sufjan Stevens nicht draufsteht, aber dennoch drin ist

Noch bevor man Sufjan Stevens als den kannte, der er heute ist, erschien 2004 mit Seven Swans ein Album, welches zwar die Kritiker begeisterte, womit dem Amerikaner aber noch nicht der große Durchbruch gelang. Das bahnbrechende Illinoise, das kuschelige Songs for Christmas, das experimentelle The BQE, das kontroverse The Age Of Adz – vieles ist seit Seven Swans in der musikalischen Welt von Stevens passiert. Grund genug für das Projekt On Joyful Wings Seven Swans 2011 wieder aufleben zu lassen – aber nicht bloß mit simplen Coverversionen, sondern “Reimagined”! Neu erdacht, neu vorgestellt! Und wohl so, wie es Sufjan heute selbst nicht besser machen könnte!

Es ist nicht einfach, etwas über das Projekt On Joyful Wings herauszufinden. Der offizielle Webauftritt läuft bescheiden über Google Blogspot und verrät wenig. Auf der Page im Social Network Facebook lässt sich zumindest in Erfahrung bringen, dass das Projekt vor zwei Jahren und “in memory of Phyllis Jean Slagter” ins Leben gerufen wurde. Tatsächlich führt die Suche nach diesem Namen dann auch auf der Website des Projekts zu einem Ergebnis. Der erste Blogeintrag aus dem Jahr 2009 erklärt, dass die Erlöse des Projekts der Unterstützung von Brustkrebs-Patienten dienen, da Phyllis Jean Slagter früh an dieser Krankheit verstorben ist. On Joyful Wings ist dabei aber kein über lange Zeit erdachtes Konzept, sondern die einfache Idee von Slagters Familienmitgliedern, etwas mit Musik zu bewegen. Bis heute hat das Projekt nichts von dieser Simplizität verloren – es scheint die sprichwörtliche Sache geblieben zu sein, die zwischen Tür und Angel entstanden ist.

Umso erstaunlicher ist mit Seven Swans Reimagined aber das, was zuletzt aus dem Projekt hervorgegangen ist. Wirkte mit We Were Lost, We Were Free die erste Compilation des Projekts noch kaum in sich geschlossen und qualitativ teilweise durchwachsen, so besticht das Sufjan-Tribute durch seine erstaunliche Kreativität und Qualität. Das wäre weniger verwunderlich, würde man On Joyful Wings losgelöst von der (quasi nicht vorhandenen) Vermarktung betrachten und nur einen kurzen Blick auf die Tracklist werfen. Rang und Namen jener Musiker, die Sufjan Stevens Werk neu interpretieren, ist nämlich beachtlich.

Neben Stevens Kollegen vom Asthmatic Kitty Label, wie Half-Handed Cloud, Shannon Stephens und DM Stith, der mit Stevens heuer auch durch Europa tourt, sind mit Derek Webb und der David Crowder*Band auch bekannte Größen der christlichen Musikszene vertreten. Das ist nicht verwunderlich, ist Seven Swans doch von einer Vielzahl biblischer Anlehnungen geprägt. Rein musikalisch hat das kollektive Werk aber nur mehr wenig mit dem sufjanschen, Banjo-lastigen Original zu tun, es handelt sich also tatsächlich um eine authentische Neuinterpretation anno 2011 und kaum eine Nummer lässt die Handschrift der jeweiligen Künstler vermissen. Derek Webb’s “In The Devil’s Territory” klingt wie eine Nummer von Stevens Letztwerk “The Age of Adz”, Shannon Stevens spielt sich mit Steel Guitars und “Waste Of What Your Kids Won´t Have” so, als würde es sich um den Hidden Track ihres eigenen Albums The Breadwinner handeln, die Industrial Band Unwed Sailor versetzt einem mit “Sister” in die 80er Jahre zurück, während Folk-Barde Joshua James, der the death cat schon am 2. Advent 2010 besuchte, mit “To Be Alone With You” an eines der Highlights von Seven Swans ran darf und dabei klassisch auf Klavier und Streicher setzt. Doch obwohl jeder der Künstler sein eigenes musikalisches Portfolio mit ins Album gebracht hat, lässt sich doch der rote Faden durch die 14 Nummern erkennen. Seven Swans Reimagined profitiert hier ungemein von seiner Vorlage. Sufjan Stevens Songwriting von 2004 überdauert problemlos Jahre und verträgt mühelos unterschiedlichste Künstler und musikalische Stile. Auch wenn Sufjan Stevens auf Seven Swans Reimagined nicht drauf steht, so ist er doch überall drin. Und das ist gut so.

So fehlt uns 2011 zum endgültigen Sufjan-Glück wohl nur mehr ein “echtes” Album. Das “nachgemachte” Album kann schon mal für 10 Dollar auf Bandcamp heruntergeladen oder dort vorab gestreamt werden. Der Erlös kommt der Brustkrebs-Initiative Komen for the Cure zu Gute.

Geschrieben hat Alexander

Alexander schreibt am liebsten über die neuesten Entdeckungen aus den Genres Folk und Instrumental.