Das Donnerwetter blieb aus. Es war nur ein verregnetes Wye Oak-Konzert im Chelsea

Das Donnerwetter blieb aus. Es war nur ein verregnetes Wye Oak-Konzert im Chelsea

Das Wiener Besuchsverhalten bei Konzerten mutet manchmal seltsam an. Während nicht weniger als vier schwedische Künstler beim von der Vienna Songwriting Association in der Szene organisierten Singer/Songwriter Fest kaum mehr als 40 Gäste um sich scharten, bescherte keine zwei Wochen später das amerikanische Folk-Rock Duo Wye Oak dem Chelsea ein nahezu volles Haus. Wie solch extreme Unterschiede entstehen, wird wohl noch länger unergründet bleiben. Ergründen lässt sich dagegen schon, warum Wye Oak’s Jenn Wasner und Andy Stack bei ihrem Auftritt nicht so recht zu überzeugen wussten. Das erhoffte Donnerwetter auf der Bühne blieb nämlich aus. Es regnete nur.

Der 12. Juni in Wien. Strahlender Sonnenschein, angenehme 23 Grad. Hinsichtlich des Wetters also ein perfekter Tag des noch jungen Sommers 2011. Nicht zu heiß, aber warm genug, um nach 21 Uhr, unmittelbar vor Konzertbeginn, kurzärmlig in den Schanigärten rund um das Chelsea der Gemütlichkeit zu frönen. Dennoch dauerte es nicht lange, bis die ersten Regentropfen zu spüren waren. Zu diesem Zeitpunkt war man allerdings schon unter Dach bei Wye Oak – und einer an diesem Abend angezählten Frontfrau Jenn Wasner.

It’s funny if you’ve never been to a city and when you actually come here you see your own face everywhere.

Dabei hatte der Abend mit dieser Anekdote lustig und vielversprechend begonnen. Wasner spielte darin auf die aktuellen Monatsplakate des Chelseas an, auf denen neben den Programmhighlights auch ihr eigenes Portrait zu sehen ist – überlebensgroß! Wahrlich eine lustige Vorstellung, wenn man sich selbst in eine solche Situation versetzt. Schnell aber wurde klar, dass diese Anekdote zu Konzertbeginn nur die sprichwörtlich gute Miene zum bösen Spiel war, denn bereits wenige Augenblicke später wurde klar, warum Wasner an diesem Abend während des Konzerts nicht weniger als vier alkoholische Drinks schlürfte, die Bemühungen Stacks eine lockere Konzertatmosphäre zu schaffen unfreundlich quittierte und auch sonst kaum Emotionen bei der eigenen, an sich emotionsgeladenen Musik zeigte: “I just broke up with my boyfriend”. Hm. Das ist just im Zeitraum einer Band-Tour dann wohl doch eher ungünstig, denn wer meint, dass bei tendenziell melancholischen Nummern, wie sie Wye Oak zu spielen pflegen, eine betrübte Grundstimmung und schlechte Laune nicht groß ins Gewicht fallen, der mag damit nur bedingt Recht haben. Schlechte Laune ist es nämlich auch, die Körpersprache abweisend und Kommunikation kalt wirken lässt. Dies bekam man im Chelsea zu spüren. Zwar weniger als Publikum, dafür aber eben als Wasners Band: und die reduziert sich ja bekanntlich auf den Multiinstrumentalisten Andy Stack.

Es überraschte an diesem Abend also nicht weiter, dass Wye Oak als Band vor allem musikalisch enttäuschten. Auch wenn die im gepflegten Shoegaze-Stil vorgetragenen Nummern, in erster Linie eine Auswahl des aktuellen Albums “Civilian”, erwartungsgemäß wuchtig und somit gewissermaßen eindrücklich waren, konnte Wye Oak als Live-Act nicht überzeugen. Überzeugend wirkte alleine die Vorstellung von Andy Stack am Schlagzeug, der parallel zum Schlagzeugspielen über seinen Synthesizer auch noch für das Spielen von Melodien, der Basslinie oder das Einspielen von Samples verantwortlich zeichnete. Seine Darbietung wirkte letztendlich aber zu isoliert, stand sie doch in keiner direkten Verbindung zu Jenn Wasners Gesang und Gitarrenspiel, welche in permanentem Sicherheitsabstand erfolgten. Somit fehlte es an jeder Interaktion, jeder Kommunikation untereinander. Die Bühne wirkte, trotz Wye Oak, verwaist.

Wye Oak besuchten an diesem Abend erstmals Wien, schafften es dabei aber nicht, ihrer Musik auch ein Gesicht zu geben; die Frau am Monatsplakat des Chelseas muss wohl doch eine andere als Jenn Wasner gewesen sein. Die grundsätzliche Begeisterung für Wye Oak und ihre zeitgemäße Musik, in der sie Stilrichtungen wie Rock, Folk und Elektronik kombinieren und die in Verbindung mit den beiden Amerikanern gerne schon mal als “21st Century Folk” bezeichnet wird, muss von einer solchen Vorstellung allerdings nicht zwangsläufig gelindert werden. Schließlich haben wir alle mal einen schlechten Tag und das kann man als Zuhörer auch so stehen lassen. Und einfach weiterhören, woran man bisher bei Wye Oak Gefallen hatte.

Das Foto stammt übrigens nicht vom Konzert in Wien, sondern von jenem am 8. Juni 2011 im Genter The Domzaal. Geknipst und zur Verfügung gestellt von Jeroen Vanneste. Bitte meldet euch bei uns, solltet ihr Fotos von Wye Oak aus dem Chelsea haben.

Geschrieben hat Alexander

Alexander schreibt am liebsten über die neuesten Entdeckungen aus den Genres Folk und Instrumental.


  • http://www.facebook.com/tom.heiss Tom Heiss

    Schade dass du die Show nicht gemocht hast. Ich fand sie gerade durch die Umstände spannend und aufregend. 

    Und auch die Vorband hat mich ziemlich begeistert, hast du die verpasst, falls nicht, was hälst du von ihnen?

    • http://twitter.com/ohneworte Alexander Gewessler

      Hi Tom. Ich empfand das Konzert nicht schlecht – nur eben ein wenig uninspiriert. Von der Vorband habe ich nur in Erinnerung behalten, dass sie gerne CDs verkauft hätte, sie aber noch keine hatten – nur Buttons :) Bekommt man von der Vorband mittlerweile etwas zu hören?